Dann bin ich die wieder begegnet, als du zu der einsamen
Frau kamst, die mir Mutter war, und du mich an ihrem
letzten Lager sitzen fandest.
In diesen langen Stunden wollte Bitternis mein Herz zerfressen,
denn in meiner Mutter letztem Ringen mit den Schmerzen sah
ich ihren Kampf mit dir.
Und dann kamst du, leise wie der junge Tag, der seinen
verheißenden Glanz über Wälder und Seen breitet.
Ich blickte in deiner Augen stille Unergründlichkeiten und sah
des Lebens tausend Geheimnisse sich in ihren Tiefen spiegeln.
Und sah, wie du meiner Mutter lebensharte Hände von allem
Leid löstest und ihnen Ruhe gabst, -
wie du auf eine kleine Weile ihres Lebens Seligkeiten aus den
Tiefen des Vergangenen in die Stunde der Gegenwart banntest
und sie ihr wie eine besonnte Blumenwiese zeigtest.
Und des Bildes stille Heiterkeit warf seinen Schein auf meiner
Mutter leidgefurchte Züge, daß sie lächelte wie eine junge Braut.
Zage begannen ihre Hände die Blumen deiner heimlichen Wiese
zu pflücken, ihrem Liebsten zur Beglückung.
Dann legtest du deine schöne Hand auf meiner Mutter müde
Augen und es war wie der flüchtige Schatten einer
Sommerwolke, die ein leichter Wind der Sonne vorüberführt.
Und als ich aufblickte, warst du von hinnen gegangen, Freund.
Still lag meine Mutter. Ihr Mund lächelte, als blickte sie in eines
neuen Tages Leuchten.
Ihre Hände hielten unsichtbare Blumen eines fernen Landes.
Und ihr Gesicht war jung geworden und von einer unsagbaren
Schönheit.